Komfortzuschlag entfällt für Schüler in den Sommerferien

Fretter und Puhlmann sprechen über erste „Tango“-Erfahrungen und die Schülerbeförderung in den Regionen Tangermünde und Tangerhütte.

Genau vor einem Monat haben Stendalbus als Betreiber des örtlichen Bus-Liniennetzes und der Landkreis Stendal als Träger des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ein Pilotprojekt in den Regionen Tangermünde und Tangerhütte gestartet. Unter dem Namen „Tango“ gibt es seit 22. April einen sogenannten „On-Demand-Verkehr“, also ÖPNV ohne feste Linien, der sich stärker an den Bedürfnissen der Fahrgäste orientiert, weil er flexibler nutzbar ist. In einem Pressegespräch in der Stendaler Kreisverwaltung haben sich Stendalbus-Geschäftsführerin Sarah Fretter und Landrat Patrick Puhlmann am Dienstag zu den ersten Erfahrungen geäußert.

„Aus unserer Sicht bietet dieses neue Modell des ÖPNV uns allen im ländlichen Raum riesengroße Chancen“, erklärte Puhlmann zu Beginn. „Denn wir sind nicht mehr an Fahrpläne gebunden, können so etwa abends in Tangermünde oder Tangerhütte noch Essen gehen und danach mit dem ‚Tango‘ nach Hause in die Ortschaften fahren. Das war so zuvor nicht oder nur eingeschränkt möglich“, unterstrich der Landrat die Flexibilität.

Da das neue ÖPNV-Konzept in der Testregion zeitgleich mit Veränderungen in der Schülerbeförderung eingeführt wurde, stellte Puhlmann klar: „Es gibt keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen beiden Angeboten!“ Denn die Schülerbeförderung ist weiterhin in Linien organisiert, was sich auch nicht ändern wird. „Der ‚Tango‘ fährt nur außerhalb der Zeiten für die Schülerbeförderung“, so der Landrat weiter. „Allerdings bietet das neue ÖPNV-Konzept Schülern, die etwa später zur Schule müssen oder früher Schulaus haben, die Möglichkeit, individuell mit dem ‚Tango‘ zu fahren“, ergänzte Fretter eine weitere Chance durch den „Tango“.

„Tango“ wird gut angenommen

Die Stendalbus-Geschäftsführerin informierte nachfolgend darüber, dass das neue Angebot wochentags „gut angenommen“ sei. Im Vergleich zum vorherigen Rufbuss-System sind die Nutzerzahlen in den ersten vier Wochen gegenüber einem vergleichbaren Zeitraum in der Vergangenheit von 140 auf 200 Fahrten gestiegen. Potential sieht Fretter noch am Wochenende: „Hier gab es früher nur ein sehr begrenztes Rufbus-Angebot, so dass wir noch mehr Aufmerksamkeit darauf legen müssen, dass es am Wochenende nun überhaupt ganztägig die Möglichkeit gibt, mit dem ÖPNV mobil zu sein.“ So besteht samstags, sonntags und feiertags das Angebot in der Zeit von 6 bis 20 Uhr, mit dem „Tango“ zu fahren. Die Buchungen – etwa60 Prozent werden per App „MyMobi“ getätigt – dazu werden wochentags zwischen 6 und 8 Uhr sowie samstags zwischen 6 und 14 Uhr erfasst. „Diese Buchungszeiten werden wir am Ende der Testphase auch analysieren. Im Moment ist es aus betrieblichen Gründen nicht anders realisierbar“, sagte die Stendalbus-Geschäftsführerin auf die Frage, weshalb eine Buchung nicht auch am Wochenende durchgängig erfasst werden könne.

Fretter räumte auch ein, dass es vor allem in den ersten Tagen „Kinderkrankheiten“ gegeben habe. „Genau dafür ist so eine Pilotphase gedacht, um diese herauszufinden und abzustellen“, erklärte sie. Vor allem gab es technische Schwierigkeiten mit der App „MyMobi“, die inzwischen größtenteils abgestellt werden konnten. „Weiteren Verbesserungsvorschlägen stehen wir offen gegenüber und freuen uns auf Hinweise“, so Sarah Fretter. Derzeit etwa wird vorbereitet, in den Ortschaften Aushänge zu platzieren, welche die neuen „virtuellen Haltepunkte“ zeigen.

Durch die Veränderungen in der Schülerbeförderung hat es laut Puhlmann auch dort an den ersten Tagen „Kinderkrankheiten“ gegeben. „Die entstandenen Probleme, etwa das ein Fahrzeug falsch gefahren ist oder ein weiteres überfüllt war, waren nicht schön. Das tat uns auch sehr leid“, schob Fretter ein. „Es gibt aber und wird auch in Zukunft kein ÖPNV-Angebot im Landkreis Stendal auf Kosten der Schülerbeförderung geben“, so der Landrat.

Puhlmann: „Veränderungen im Fahrplan haben immer Auswirkungen“

Puhlmann sprach weiter davon, dass Stendalbus und der Kreisverwaltung aus den ersten Wochen entgegen öffentlicher Diskussionen nur zwei konkrete Beschwerden zu den Veränderungen vorliegen. Einmal geht es um die Linie 922 zwischen Lüderitz und Tangermünde. Es wurde moniert, dass Schüler frühzeitig im Bus stehen müssten. „Dazu muss man einordnen, dass das Stehen im Bus durchaus zumutbar ist“, so der Landrat. „Wir lassen diese Woche die Verbindung kontrollieren und prüfen, ab welchem Streckenabschnitt das Fahrzeug gegebenenfalls zu voll ist. Parallel dazu prüfen wir bereits die Möglichkeit eines Fahrzeugtausches“, ergänzte Fretter.

Weiterhin gibt es ein Schreiben aus Schernebeck, in dem thematisiert wird, dass die Schüler früher als gewohnt abfahren und eine längere Fahrzeit haben. „Veränderungen im Fahrplan haben immer Auswirkungen in die eine oder andere Richtung“, sagte der Landrat und stellte klar: „34 Schüler haben nun eine Fahrzeitverkürzung und mehr als fünf Minuten, 40 fahren wenige Minuten länger. Die sieben Schüler aus Schernbeck fahren nun 55 Minuten. Sie sind damit unter sechs Prozent aller Schüler aus dem Landkreis Stendal, die auf die Schülerbeförderung zu weiterführenden Schulen angewiesen sind und zwischen 48 und 60 Minuten Fahrzeit haben.“ Dazu fahren 24 Kinder mehr als fünf Minuten später los, auf der anderen Seite fährt der Bus für 23 Schüler mehr als fünf Minuten früher ab.

Für die Sommerferien stellte Sarah Fretter noch ein besonderes Angebot für Schüler in Aussicht: „Der Komfortzuschlag im ‚Tango‘ für Schüler aus dem Landkreis Stendal entfällt, wenn Nutzer einen gültigen Fahrausweis in Zusammenhang mit einem gültigen Schülerausweis und Wohnort im Landkreis Stendal haben.“ Damit gibt es einen weiteren, einmaligen Test innerhalb dieser Pilotphase, was die Nutzung des Angebots in den Sommerferien betrifft.

Hintergrund
Den Landkreis Stendal und Stendalbus als Betreiber des Bus-Liniennetzes erreichen immer wieder Anfragen zur Verbesserung des Busangebotes. Dazu ist ein Konzept erarbeitet worden, welches die Bedarfe der Fahrgäste deutlich flexibler erfüllen kann. In der Zeit von 22. April bis Dezember 2025 wird ein Pilotprojekt unter dem Namen „Tango“ zwischen Tangerhütte und Tangermünde für den Landkreis kostenneutral umgesetzt. Dieser sogenannte „On-Demand-Verkehr“ hält in der Projekt-Region nicht nur an den bestehenden Haltestellen, sondern es sind auch zusätzliche Haltepunkte festgelegt. Dadurch sollen die Wege zum Bus für die Fahrgäste möglichst kurzgehalten werden und den ÖPNV noch attraktiver machen. Die Buchung erfolgt per App oder Telefon.