Regionales Politik-Forum am 28. November 2022

Wie setzen sich der Landrat sowie die Oberhäupter der Einheits- und Verbandsgemeinden des Landkreises Stendal für die Belange von Menschen mit Behinderung ein? Was wird in den Gemeinden für Barrierefreiheit getan? Wie kann die Einstellung von Menschen mit Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt gefördert werden?

Mit diesen und weiteren Fragen befasste sich ein Politik-Forum, welches vom Inklusionsbeirat und dem Örtlichen Teilhabemanagement des Landkreises Stendal initiiert wurde.

Etwa 20 Besucher folgten am Montagabend der Einladung. Von Wiebke Bretschneider moderiert, entdeckten Landrat Patrick Puhlmann, Axel Kleefeldt (Stellvertreter von Stendals Oberbürgermeister Bastian Sieler) sowie René Schernikau (Bürgermeister der Verbandsgemeinde Arneburg-Goldbeck) zusammen mit den Gästen Potenzial, welches in Zukunft verstärkt ausgeschöpft werden soll, um beeinträchtigen Menschen das Leben im Landkreis Stendal zu vereinfachen.

Zuerst stellte Reiko Lühe allen anwesenden die Arbeit des Inklusionsbeirates, dem er vorsteht, vor. Im Anschluss daran hieß Gastgeber Puhlmann die Besucher willkommen. Er freute sich über das Interesse und begrüßte, dass so ein Forum auch unabhängig von Wahlen durchgeführt wird. „Wir sollten das häufiger organisieren und in den Austausch kommen“, so der Landrat, ehe Bretschneider die Fragerunde eröffnete.

Unter anderem wurde intensiv über die Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr diskutiert. Die drei Kommunen-Vertreter berichteten von den Bemühungen ihrer Verwaltung, beispielsweise Bushaltestellen barrierefrei zu gestalten. Auf der anderen Seite gab es Kritik von Betroffenen, dass es an Unterstützung beim Einstieg in die Busse fehle. Puhlmann äußerte dazu, dass ein Gespräch mit dem Betreiber geplant sei. Weiterhin kamen alle überein, dass eine Sensibilisierung der Kraftfahrer für die Sichtweise von Menschen mit Behinderung hilfreich wäre.

Weiteres Thema waren die Parkmöglichkeiten für Personen mit Einschränkungen. Lediglich Personen mit einer anerkannten Schwerbehinderung sowie einem Merkzeichen „aG“ (außergewöhnlich gehbeeinträchtigt) ist die Nutzung der ausgewiesenen Behindertenparkplätze erlaubt. Der Bedarf ist laut Beirat tatsächlich höher, weshalb sie sich um eine Lösung bemühen. Kleefeldt führte dazu aus, dass die Kommunen als Kontrollorgan zur Einhaltung des ordnungsgemäßen Parkens sich an geltende Gesetzgebung halten müsse. Der Landkreis habe dazu nach einer Idee des Inklusionsbeirates bereits Möglichkeiten geprüft, stieß beim Landesverwaltungsamt aber auch an seine Grenzen. Beispielsweise sei es nicht möglich, Schwerbehindertenparkplätze auch einem größeren Personenkreis zur Verfügung zu stellen.

Ausgiebig diskutiert wurde das Thema Arbeit und Beschäftigung behinderter Menschen. Puhlmann führte dazu als Paradebeispiel die zwei Recyclinghöfe in Tangerhütte und neuestens in Bismark an, welche durch die Lebenshilfe betrieben werden. „Wir erhalten viel Zuspruch für die Arbeit der Menschen dort. Sie packen gern mit an, helfen beim Entladen“, so der Landrat.

Nach weiteren Gesprächen rund um den Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern und Leichter Sprache, um kommunalpolitische Themen den eingeschränkten Menschen zugänglicher zu machen, bat Bretschneider das Podium um eine Einschätzung, in wie weit die jeweilige Kommune für Menschen mit Behinderung eingestellt ist. Puhlmann, Kleefeldt und insbesondere Schernikau zeigten sich hier sehr selbstkritisch aber zugleich zuversichtlich. „Wichtiger ist doch die Frage, wo wollen wir hin“, sagte Kleefeldt. So waren alle einig, die Expertise eingeschränkter Menschen häufiger einbeziehen zu wollen. „Wir haben noch viel Potenzial im Bereich der Digitalisierung, welches wird ausschöpfen wollen“, so Puhlmann.

Gebärdensprachdolmetscherinnen waren vor Ort, um die Veranstaltung für Menschen mit Hörbehinderung zugänglich zu machen.

An der Podiumsdiskussion hätten gerne weitere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister teilgenommen. Aufgrund von Terminüberschneidungen und Krankheit kam es jedoch kurzfristig zu Absagen. Die Durchführung eines zweiten Politik-Forums ist gewünscht.

Zum Hintergrund:
Seit fast 30 Jahren setzt sich der Inklusionsbeirat (ehemals Behindertenbeirat) des Landkreises Stendal als Selbstvertretungsorgan von Menschen mit Behinderung für die Herstellung von Inklusion und Barrierefreiheit auf Kreisebene ein. Der Beirat wirkt dabei als beratendes Gremium für den Kreistag sowie seine Ausschüsse und hat die Aufgabe, die Interessen von Menschen mit Behinderung im Landkreis Stendal zu vertreten, Empfehlungen auszusprechen und zu Fachfragen Stellung zu beziehen. Ein weiteres wichtiges Anliegen ist sowohl die Sensibilisierung der Öffentlichkeit als auch die Organisation von Veranstaltungen und Aktionen, um auf die Belange von Menschen mit Behinderung aufmerksam zu machen. Die Arbeit des Inklusionsbeirates ist als Querschnittsaufgabe zu verstehen, da es keinen Lebensbereich gibt, in dem Menschen mit Behinderung nicht von Barrieren betroffen sind. Aktuell besteht der Inklusionsbeirat aus elf stimmberechtigten Mitgliedern - berufen durch den Kreistag - und zirka 30 weiteren beratenden Mitgliedern. Seit 2017 unterstützt das Örtliche Teilhabemanagement des Landkreises Stendal den Inklusionsbeirat nicht nur organisatorisch, sondern auch beratend. Mittlerweile konnte eine noch stärkere Vernetzung und Umsetzung der Öffentlichkeitswirksamkeit erreicht werden. Darüber hinaus wurde beispielsweise ein Aktionsplan für die Belange von Menschen mit Behinderung im Landkreis Stendal erstellt, der im nächsten Jahr fortgeschrieben werden soll.