Landkreis Stendal beteiligt sich am Programm „Land.Zuhause.Zukunft“

Die in der Integrationsarbeit anstehenden Herausforderungen treffen alle Kommunen im ländlichen Raum mit doppelter Härte. Das betrifft besonders die Infrastruktur und den Demografischen Wandel. Aus diesem Grund nimmt der Landkreis Stendal an dem Programm „Land.Zuhause.Zukunft“ der Robert-Bosch-Stiftung teil. Am Donnerstagvormittag hat Landrat Patrick Puhlmann dieses zusammen mit Bastian Sieler, Oberbürgermeister der Hansestadt Stendal, Björn Malycha, Referatsleiter im Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt sowie Lisa Veyhl von der Robert-Bosch-Stiftung im Stendaler Rathaus vorgestellt.

Puhlmann sprach zuerst über …
… die Ziele: „Die Aktivitäten des Landkreises zielen darauf ab, die Teilhabe und das Miteinander in Stendal zu verbessern. Der Fokus liegt dabei auf Menschen mit Migrationsgeschichte im Stadtviertel Stadtsee. Insofern freue ich mich ganz besonders, dass Björn Malycha heute mit dabei ist und wir mit diesem Programm eine Zusammenarbeit zwischen Land, Landkreis und Kommune auf die Beine stellen. Das ist nicht üblich. Die geplante Vorgehensweise bis zum Frühjahr des kommenden Jahres erstreckt sich nun über vier Phasen.“

… Phase eins – Projektinitiierung und Aktivierung der Netzwerke: „Nach der heutigen Kick-Off-Veranstaltung werden zunächst relevante Netzwerke, Vereine und Initiativen im Landkreis identifiziert, die ein Interesse haben, das Projekt zu unterstützen. Hierzu gehören migrantische Organisationen, wie beispielsweise LAMSA in Stadtsee. Die Vereine werden zu Informations- und Vernetzungstreffen eingeladen. Im Rahmen der Vernetzungstreffen soll bereits ein Überblick erzielt werden, welche Bedarfe für die politische, wirtschaftliche oder soziale Teilhabe bestehen. Darüber hinaus ist geplant, die Teilnehmer an den Vernetzungstreffen über die Möglichkeiten der aktiven Teilhabe zu informieren.

… Phase zwei – Erhebung und Information: „In der zweiten Phase wird mittels einer systematischen Erhebung geprüft, welche konkreten Bedarfe hinsichtlich Teilhabe und einem besseren Miteinander bestehen und möglich erscheinen. Angedacht sind eine Online-Umfrage in verschiedenen Sprachen, die Durchführung von Fokusgruppen zur Befragung vor Ort sowie in persönlichen Tiefeninterviews. Auch in dieser Phase werden die Mitbewohner über ihre Möglichkeiten der Teilhabe, beispielsweise wirtschaftlich und politisch, informiert.“

… Phase drei – Pilotmaßnahmen: „In der dritten Phase sollen erste Pilotmaßnahmen konzipiert und durchgeführt werden, die auf den zuvor erhobenen Bedarfen basieren. Hierbei handelt es sich beispielsweise um den Bereich Wirtschaft mit der Orientierung und Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt sowie Dialoge mit Unternehmern und Ämtern. Dazu möchte ich besonders betonen: Wir werden weniger. Bis 2035 wird die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter um etwa ein Drittel sinken. Ob wir wollen oder nicht, wenn wir unsere Leistungen und unserer Daseinsvorsorge erhalten wollen, wenn wir im Markt bedient, im Alter gepflegt, oder Handwerker wollen, die Kommen können, dann werden wir um Zuwanderung nicht herumkommen. Und da nicht in erster Linie Zuwanderung über Flucht und Asyl, sondern tatsächlich gesteuerte und vielleicht auch aktive Arbeits- und Fachkräftezuwanderung. Darüber hinaus sollen auch Pilotmaßnahmen im politischen Bereich folgen. Dabei handelt es sich um die Orientierung und Unterstützung für politische Interessensäußerung. Den dritten Bereich bilden Soziales und Kultur, wo es um die Einbindung von Eltern etwa mit traumatisierten Kindern, die Teilhabe in der Schule oder das Ehrenamt geht. Die Pilotmaßnahmen werden bedarfsorientiert und flexibel ausgestaltet

… Phase vier – Projektabschluss und Transfer: „Nach Abschluss der Pilotmaßnahmen sollen die Ergebnisse des Projektes systematisch ausgewertet, aufbereitet und veröffentlicht werden. Die Ergebnisse werden im Rahmen einer Konferenz mit Experten und Entscheidern aus Politik und Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft diskutiert. Auch Vertreter anderer Kommunen sowie der Landes- und Bundesebene sollen eingeladen werden.“

Bastian Sieler erläuterte, wie diese Zusammenarbeit überhaupt zustande kam: „Viele Themen sind für Zuwanderer schwer erreichbar. Daher war es meine Idee, einen Beirat zu gründen. Hier musste ich lernen, dass wir eine Beteiligungssatzung haben und dieses Thema Aufgabe des Landkreises ist. So haben wir das Gespräch gesucht und wussten, dass die Koordinierungsstelle Integration des Landkreises dies aber nicht allein leisten kann. Daher freue ich mich sehr, dass diese Zusammenarbeit mit der Robert-Bosch-Stiftung entstanden ist.“

Lisa Veyhl stellte in der Folge die Robert-Bosch-Stiftung kurz vor und erläuterte das Programm, welches aktuell mit sechs Landkreisen in ganz Deutschland läuft. „Mit „Land.Zuhause.Zukunft“ möchten wir verantwortliche Personen aus Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft vor Ort dabei unterstützen in unserer Einwanderungsgesellschaft Wege des guten Zusammenlebens zu gehen. Das wollen wir besonders im kommunalen Alltag in ländlichen Regionen erreichen.“

Björn Malycha brachte den Gästen seine Freude darüber zum Ausdruck, dass der Landkreis Stendal hier die Kooperation mit der Robert-Bosch-Stiftung eingegangen ist. „Aus meiner eigenen Zeit in der Kreisverwaltung kann ich sagen, dass wir gute Erfahrungen in der Arbeit mit Stiftungen gemacht haben.“ Zudem hat Malycha das Thema einmal in Zahlen eingeordnet: „Die Anzahl von Einwohnern mit Migrationshintergrund im Land steigt kontinuierlich. Waren es im Jahr 2000 noch 44.000 Personen mit ausländischer Staatbürgerschaft, stieg die Zahl im Jahr 2022 schon über 165.000.“